21. Juni 2013
Beginn: 19:00 Uhr
Universität Wuppertal (Raum O.13.11)

Ein Vortrag von Psychoanalytikerin Angela Mauss-Hanke

Rache – und Vergeltungsimpulse sind ein meist übersehener und bisher nicht ausreichend verstandener psychischer Mechanismus, der ein sehr breites Ausdrucksfeld hat: von der alltäglichen, kleinen harmlosen Schadenfreude über gruppale Destruktivität, die bis zu Lynch- und Völkermorden reichen kann. Dabei scheint das Bedürfnis nach Rache zunächst etwas Selbstverständliches zu sein – wenn man sich verletzt fühlt, haut man unwillkürlich zurück. Doch meist trifft es Unschuldige und meist ist die Vergeltung größer als ihr Anlaß. Der Akt der Rache will eine Form des Verarbeitens einer Schuld, deren Opfer man – vermeintlich oder tatsächlich – geworden war, sein, und führt stattdessen zu einer Eskalation von Schuld, in der man selbst zum Täter wird. Am Ursprung eines Racheimpulses steht, so die in diesem Vortrag vertretene These, stets die Empfindung von Verrat.
Der Vortrag versucht der Psychodynamik von Rache- und Vergeltungsimpulsen u.a. anhand der psychoanalytischen Untersuchung eines Schulattentäters, der Auswertung von Interviews mit Jugendlichen sowie des kollektiv begangenen Völkermordes in Ruanda auf die Spur zu kommen.

Am 21.06.2013 fand unser zweiter Vortrag an der Bergischen Universität Wuppertal statt. Wir freuten uns über einen gut gefüllten Seminarraum und Gäste aus verschiedenen Studiengängen, Studenten und Professoren. Frau Mauss-Hanke begann zunächst die Rache als ein universal mensch-liches Phänomen zu beschreiben, pathologische Verläufe von Racheimpulsen wurden anhand des Amokläufers Sebastian Bosse mit Tagebucheinträgen verdeutlicht und zuletzt Rache als ein Großgruppenphänomen anhand des Völkermordes in Ruanda im Jahr 1994 dargestellt. „Mit dem Rächen ist es ähnlich wie mit dem Lachen“, beschreibt Frau Mauss-Hanke und verdeutlicht damit, dass jeder diese Impulse kennt, welche jedoch innerhalb der Psychoanalyse wenig untersucht worden sind. Aktive Wiederholung von dem, was einem passiv wiederfahren ist, stellt einen wesentlichen Aspekt der Rache dar.
Die Fähigkeit innerer Verarbeitung ist ausschlaggebend für die Verarbeitung seelischer Verletzungen. Je größer die Fähigkeit innerer Verarbeitung ist, desto eher genügt eine Phantasie von Racheakten, ohne reale Umsetzung. Nichtverarbeitete Enttäuschungen kränken, Ärger wird in Andere projeziert, vorzugsweise in die, von denen man sich ausgeschlossen fühlt.
Der Unterschied zwischen einem Racheakt mit Kommunikationswunsch und einem restlos zerstörerischen Racheakt ist in Gruppenprozessen vermischt. Frau Mauss-Hanke berichtet von Interviews mit ruandischen Wissenschaftlern, Traumatherapeuten, Jugendlichen und Völkermordsforschern aus verschiedenen Teilen der Welt, welche in dem Buch: „Rache. Zur Psychodynamik einer unheimlichen Lust und ihrer Zähmung“ von Tomas Böhm und Suzanne Kaplan veröffentlicht wurden. Merkmale einer Racheeskalationsspirale lassen sich auf Großgruppenebene festhalten, die sich wechselseitig bestärken. Zum Verstehen von Massenphänomenen empfiehlt Frau Mauss-Hanke abrundend die „Massenpsychologie und Ich-Analyse“ von Sigmund Freud.
Wir möchten uns an dieser Stelle für den spannenden Vortrag herzlich bedanken!

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